Ist der Mindestlohn für Studenten ein Gewinn oder verkompliziert er die Suche nach einem Arbeitsplatz? Das im Jahr 2015 durch das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns eingeführte sieht ein minimale Gehalt von 8,50 Euro brutto pro Stunde vor. Es soll insbesondere auch junge Akademiker während und nach ihrem Studium stärken, weshalb dieser Ansatz verständlicherweise von einem Großteil der Studierenden befürwortet wird. Jedoch herrscht oft Unklarheit, wie die Ausnahmeregelungen aussehen und ob sich der Mindestlohn für Studenten tatsächlich durchsetzt. Während eines Praxissemesters können Studenten etwa kein Geld erwarten. Zudem befürchten Studentinnen und Studenten, dass Arbeitgeber das Gesetz umgehen möchten. tarifini.de erklärt daher, wie der Mindestlohn für Studenten geregelt ist und wie sie sich vor den Tricks der Arbeitgeber schützen können.
Mindestlohn gilt für Studenten im Neben- und Minijob
Der gesetzliche Mindestlohn ist zunächst einmal auch für Studenten vorgesehen (die Ausnahmen folgen im nächsten Abschnitt). Einen Anspruch auf 8,50 Euro brutto pro Stunde hat also zum Beispiel, wer nebenbei kellnert oder einem Promotion Job nachkommt. Solche kurzfristigen Neben- oder Ferienjobs dürfen in der Regel bis zu 3 Monaten beziehungsweise 70 Kalendertage ausgeübt werden, ohne dass Abschläge an die Krankenversicherung und Rentenversicherung geleistet werden müssen.
Eine weit verbreitete Beschäftigungsart für Studenten ist der Mini-Job, der eine monatliche Bezahlung von 450 Euro brutto wie netto vorsieht. Dafür muss sich der Student von den Sozialabgaben befreien lassen. Ein 450-Euro-Job ist etwa sinnvoll, wenn der Student weiter in der beitragsfreien Familienversicherung versichert sein möchte – bei einem höheren Verdienst müsste er sich selbst versichern. Bei diesen sogenannten geringfügigen Beschäftigungen darf die Arbeit höchstens 52,9 Stunden im Monat ausgeführt werden, damit sie in dem Rahmen des Mindestlohns für Studenten liegt. Um keine unbezahlten und gesetzlich verbotenen Überstunden zu machen, ist es äußerst wichtig, seine Arbeitsstunden zu dokumentieren. Steigt die Arbeitszeit an, lässt sich nicht mehr von einem Mini-Job, sondern von einem Midi-Job sprechen. Daher muss die Bezahlung erhöht werden und es entsteht eine Versicherungspflicht.
Bei den sogenanten Midi-Jobs dürfen Studenten bis zu 850 Euro im Monat verdienen und dementsprechend nicht mehr als 100 Stunden arbeiten. Der Midi-Job ist jedoch in jedem Fall versicherungspflichtig. Daher muss der Student Abgaben an die Krankenkasse und die die Rentenversicherung leisten. Die Höhe des Abschlags wird ab der 450-Euro-Grenze schrittweise angepasst.
Mindestlohn für Studenten: Ausnahmen im Praktikum
Der Gesetzgeber sieht jedoch auch Ausnahmen von dem Mindestlohn für Studenten vor, insbesondere wenn es sich um einen Teil der Ausbildung handelt. Auch Praktika, die nicht länger als drei Monate dauern, bleiben von der Regelung unberührt. In den folgenden Fällen wird kein Mindestlohn für Studenten fällig:
- Praktika, die verpflichtend in der Studienordnung des Studienfachs vorgeschrieben sind (Praxissemester)
- Praktika von bis zu drei Monaten, die zur Entscheidungsfindung vor dem Studium absolviert werden
- Praktika von bis zu drei Monaten, die während einer Hochschulausbildung geleistet werden. Jedoch nur, wenn der Student nicht schon ein Praktikum bei demselben Unternehmen absolviert hat.
- Auch ehrenamtliche Tätigkeiten sind ausgenommen, wenn sie als freiwilliges Engagement für das Allgemeinwohl ohne finanzielle Gegenleistung gedacht sind.
Die Ausnahmeregel für ein geringer bezahltes Praktikum von drei Monaten dient also nur für Studierende. Wer bereits einen Abschluss in der Tasche hat, hat bei seinem Praktikum einen Anspruch auf den Mindestlohn.
Mindestlohn für Studenten: Tricks der Arbeitgeber
Dass eine faire Bezahlung vor der Einführung des Mindestlohns für Studenten alles andere als üblich ist, belegt unter anderem die Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Unter der Leitung von Dr. Boris Schmidt haben die Experten der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin das Lohnniveau für junge Leute untersucht, die nach dem Studium ein freiwilliges Praktikum von einigen Monaten absolvierten. Jeder fünfte frischgebackene Akademiker schloss ein solches Praktikum an sein Studium an. Zwei von fünf Praktikanten erhielten für ihre Arbeit keinen Lohn, die restlichen 60 Prozent kamen auf magere 3,77 Euro in der Stunde. Der verpflichtende Mindestlohn für ehemalige Studierende in Höhe von 8,50 Euro stellt also für junge Praktikanten eine erhebliche finanzielle Verbesserung dar – unter der Voraussetzung, dass die Anzahl der Praktikumsstellen gleich bleibt.
Gegner des Mindestlohns argumentieren nämlich, dass sich durch die höhere Bezahlung die Anzahl der Praktikumsplätze für Studenten und junge Akademiker verringert. Und für Studenten besteht die Befürchtung, dass sie fast ausschließlich nur noch dreimonatige unbezahlte Praktika finden und so der Berufseinstieg erschwert wird.
Arbeitgeber könnten jedoch auch auf anderem Wege versuchen, ihre Ausgaben zu reduzieren. Beispielsweise könnte ein sechsmonatiges Praktikum in zwei Mal drei Monate mit einer kurzen Unterbrechung von wenigen Tagen aufgeteilt werden. Ein solcher Trick ist aber gesetzlich verboten. Durch mündliche Vereinbarungen statt schriftlicher Verträge kann es auch dazu kommen, dass die Arbeitsbelastung höher ausfällt. Zwar sollte es selbstverständlich sein, aber das Arbeitsverhältnis sollte daher in jedem Fall schriftlich fixiert werden, auch wenn ansonsten eine Absage droht. Insbesondere die Arbeitszeit und Bezahlung müssen explizit erwähnt werden. Auch im Nebenjob ist es nicht immer leicht, die geleisteten Stunden tatsächlich ausbezahlt zu bekommen. Daher hat die Webseite Karriebibel einige Tipps zusammengestellt, wie der Mindestlohn für Studenten in der Praxis möglichst gut umgesetzt werden kann:
- Studenten sollten eine Auge darauf werfen, ob der Mindestlohn in der Ausschreibung des Praktikums erwähnt wird.
- Kommilitonen können dabei helfen, das Unternehmen einzuschätzen. Hat ein Mitstudent schon ein Praktikum bei der gleichen Arbeitsstelle absolviert, kann er eventuell Auskunft über den Umgang mit dem Mindestlohn für Studenten geben.
- Das Thema Mindestlohn für Studenten sollte offen angesprochen werden – wenn nicht während des Bewerbungsgespräches, auf jedem Fall vor der Unterschrift eines Arbeitsvertrages. Dabei sollte der Student darauf hinweisen, dass die Frage dazu dient, um von vornherein Probleme zu vermeiden und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
- Beratungsstellen wie das Studentenwerk können darüber hinaus bei Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber weiterhelfen.